Die Gründe für das Modell sind unter Modell-Eigenschaften (siehe unter Menu) beschrieben. Das Modell wurde übrigens ganz bewusst aus Sicht von D-Jugend-Spielern erstellt, da zum einen einer bei der Erstellung des Modells beteiligt war und andererseits die D-Jugend mit das wichtigste Lernalter darstellt und man daher in dieser Phase viel richtig aber auch viel falsch machen kann.
Wir wünschen nun viel Spaß beim Schmökern & Modeln.
Ziel des Modells: Fußball-Talente und keine Profis werden!!!
Wer träumt als Fußballer nicht davon, Profi zu werden? Doch bleiben wir realistisch, die Chancen sind relativ gering und der Erfolg ist von vielen Faktoren abhängig (siehe Abbildung oben). Eine schwere Verletzung kann jederzeit das Aus bedeuten, ebenso können andere Veränderungen in unserem Leben dazu führen, dass Fußball nicht mehr den Mittelpunkt in unserem Leben darstellt und wir das Interesse hieran verlieren. Dass dies mal Mädchen sein könnten, kann ich mir derzeit nicht vorstellen, aber vielleicht eine andere Sportart oder ein anderes Hobby. Ganz zu schweigen von der Schule, die immer mehr Zeit erfordert. Später wird es das Studium, die Ausbildung oder die Berufstätigkeit sein (siehe Abbildung oben).
Also, wir wollen hier keine Empfehlungen geben, wie man Fußballprofi wird. Erstens wissen wir es auch nicht wirklich und zweitens sollte man dies aufgrund der o.g. Argumente nicht unbedingt anstreben.
Wir wollen Euch jedoch aufzeigen, wie man unserer Meinung nach, weiterhin richtig viel Spaß am Fußball haben und sich ständig weiterentwickeln kann, um richtig gut zu werden, mit zu den Besten in der Region zu gehören und ein Haufen voller Talente zu werden. Darum geht es uns hier in den nachfolgenden Punkten, die nur in Auszügen dargestellt werden.
Die Abbildung oben zeigt das Gesamt-Modell. Es enthält 79 Faktoren und 144 Verbindungen. Es ist also eine recht komplexe Herausforderung. Um das Modell übersichtlich zu gestalten, ...
... wurden den einzelnen Faktoren sogenannte Kategorien hinterlegt. Hierüber kann das Modell geclustert oder gefiltert werden (Über Menu -- Ansicht - Filter / Cluster). Die Abbildung oben zeigt das Modell in der geclusterten Form.
Nachfolgend "zoomen" wir uns in einige Teilmodelle herein, um bestimmte Aspekte genauer zu betrachten.
Trainingsschwerpunkte: Das goldene Lernalter richtig nutzen
Wir befinden uns zurzeit im sog. „goldenen“ Lernalter (10 – 12 Jahre). Noch fällt es uns sehr leicht, selbst komplizierteste Fußballtechniken zu erlernen. Dieses perfekte Lernalter sollte unbedingt genutzt werden, um die fußballerischen und motorischen Fähigkeiten zu schulen. Die Trainingseinheiten sollten sich daher auf die Bereiche Ballgefühl, Technik, Koordination und Schnelligkeit konzentrieren. Am besten sind immer die Übungen, die alle Bereiche beinhalten und mit dem Ball durchgeführt werden oder zumindest mit einem Torabschluss enden, um den Spaßfaktor möglichst hoch zu halten. An stupiden, monotonen Einheiten wie z.B. reine Sprint-Übungen oder Stangenläufe (ohne Ball und/oder Torabschluss) verlieren wir schnell die Lust und führen diese dann nur noch mit halber Kraft und Konzentration durch. Der Trainingseffekt ist dann nicht mehr sonderlich hoch. Wir wollen Fußball spielen, den Ball führen und Tore schießen und nicht nur 20mal hinter einander durch Stangen laufen.
Wir laufen gerne mit viel Volldampf durch die Koordinationsleiter, möchten jedoch dann den Ball zugespielt bekommen, um uns im Höchsttempo durch die Stangen zu dribbeln und die Pille anschließend nach einem Trick (Übersteiger etc.) ins Dreieck zu dreschen. So oder so ähnlich könnten kombinierte Übungen aussehen. Wie man Ballgefühl, Technik, Koordination und Schnelligkeit sinnvoll und witzig kombinieren kann, zeigen u.a. Lernvideos der renommierten Münchner Fußball Schule (http://www.dvdfussballtrainer.de/), die sehr zu empfehlen sind. Diese Übungen müssen ständig variiert und erweitert werden, damit der Spaßfaktor und Trainingseffekt erhalten bleibt.
Unsere Empfehlung: fußballerische und motorische Fähigkeiten intensiv durch kombinierte Übungen zu trainieren. Monotone, stupide Einheiten sollten entfallen. Das obligatorische Trainingsspiel sollte natürlich stattfinden, aber nicht allein den Schwerpunkt des Trainings bilden. Anders gesprochen: wer nur spielt und einige wenige Schuss- und Laufübungen durchführt, macht definitiv etwas falsch!
In der Abbildung oben ist der positive Effekt der abwechslungsreichen, kombinierten Trainingsübungen farblich gekennzeichnet dargestellt, der selbstverstärkend im Zeitverlauf wirkt: Durch die Übungen erhöht sich der Spaßfaktor, dadurch wächst die Motivation der Kicker, an dem Training und an den Übungen intensiv teilzunehmen. Hierdurch steigt der Spaß und die Motivation der Kicker noch weiter, die die Übungen dann noch intensiver und konzentrierter durchführen usw.
Die monotonen Übungen hingegen reduzieren den Spaß am Training. Diese Übungen werden dann nur noch mit halber Kraft und Konzentration durchgeführt. Der Trainingseffekt wird dann nur sehr gering sein.
In dem dargestellten Teil-Modell sind jedoch noch weitere Rückkopplungsprozesse enthalten (insgesamt sind es 85 im gesamten Modell). So führen die kombinierten Übungen zu höheren Trainingseffekten und damit zu besseren fussballerischen Fähigkeiten. Mittelfristig (zeitliche Verzögerungen werden durch einen Strich in der Mitte des Pfeils gekennzeichnet) wird jeder einzelne Kicker zu einem besseren Fussballer – dieser gefühlte Erfolg führt dazu, dass die Kicker zukünftig noch motivierter beim Training sind und damit sich immer weiterentwickeln und besser werden.
Hierdurch steigt das Leistungsniveau der gesamte Mannschaft. Durch das höhere Niveau steigt erneut die Qualität des Trainings und somit auch der Trainingseffekt, das Spielverständnis, die Fußballerischen Fähigkeiten etc. Ein weiterer, selbstverstärkender Rückkopplungsprozess wird hierdurch angestoßen.
Kondition, Kraft & Ausdauer: Kommt von allein bzw. später!
Viele Mannschaften starten bereits ab der D-Jugend mit Konditions-, Kraft- und Ausdauer-Training. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Nur jede Stunde, die man in diese Richtung investiert, verliert man für die Ausbildung der fußballerischen und motorischen Fähigkeiten (siehe Abbildung oben). Kondition, Kraft und Ausdauer kann man immer noch später trainieren. Hierfür sollten die goldenen Lernjahre nicht vergeudet werden. Zumal ist es ohnehin unsinnig, Langzeitausdauerbelastungen von jungen Spielern abzufordern, da diese Leistungsfähigkeit nicht auf Dauer gespeichert werden kann, sondern nur so viel wie regelmäßig benötigt und beansprucht wird – und dies ist noch relativ gering.
Wir D-Jugendspieler benötigen noch keine Luft für 90 Minuten. Die Luft, die wir benötigen, können wir uns im Rahmen des normalen Trainings holen. Sofern wir also bei den o.g. kombinierten Übungen für fußballerische und motorische Fähigkeiten ständig in Bewegung bleiben und richtig mitziehen, tanken wir automatisch ausreichend Kraft. Hierbei muss der Coach also lediglich darauf achten, dass die Ruhephasen zwischen den Übungen möglichst kurz sind und sich keine Warteschleifen bilden.
Erzählt dies bitte auch Euren Vätern, wenn sie mit Euch Kraft tanken gehen wollen - durch Wald- und Treppenläufe. Nicht jeder mag Ausdauerläufe (sonst wäre er ja auch eher Marathonläufer statt Fußballer geworden) und verliert daher schnell die Lust am Sport. Zudem können auch leicht die Knie im Wachstumsalter durch eine zu starke Beanspruchung schmerzen, so dass man zu mehrwöchigen /-monatigen Pausen gezwungen wird. Dies ergibt alles keinen Sinn. Fragt Eure Väter lieber, ob Ihr nicht stattdessen sinnvollere Übungen auf dem Bolzplatz durchführen oder einfach nur bolzen gehen möchtet.
Nicht selten sind die Väter aber mit guten Argumenten nur schwer bei zukriegen, da sie es zum einen nicht anders kennen (sie wurden mit Medizinbällen, Wald- und Treppenläufen groß) und andererseits nichts anderes können (sie verfügen über keine ausreichende Technik etc.).
Unsere Empfehlung: Setzt Euch durch.
In der Erkenntnis-Matrix (siehe Grafik oben) eines selektierten Faktors kann abgelesen werden, welche Einflussfaktoren in Summe positiv oder negativ wirken. Da ein Faktor über unterschiedlichste Wege auf einem selektierten Faktoren wirken und dabei sowohl negativ als auch positiv wirken kann, werden die Einflussstärken einfach aufsummiert und auf der X-Achse entsprechend abgetragen. Vereinfacht gesprochen kann die Erkenntnis-Matrix wie folgt gelesen werden: je weiter die Faktoren links unten im roten Feld liegen, desto stärker wirken sie in Summe negativ, und je weiter die Faktoren oben rechts im grünen Feld liegen, desto stärken wirken sie positiv. (Natürlich sagt die Erkenntnis-Matrix noch mehr aus, jedoch reicht diese vereinfachte Analyse für unser Vorhaben aus.) Demnach sind Wald- und Treppenläufe in jungen Jahren nicht unbedingt das Beste Mittel für ein zielgerichtetes Fußballtraining, sondern abwechslungsreiche & kombinierte Übungen der effektivere Weg, um Fussball-Talente zu formen.
Rote Karte für überehrgeizige Eltern an der Seitenlinie
Was sich an den Wochenenden auf den Fußballplätzen abspielt, ist schon sehr krass. Nicht selten stehen 30 – 50 Eltern und Verwandte an der Seitenlinie und „feuern“ ihre Kinder von außen lautstark an bzw. pöbeln auf die Gegner und den Schiedsrichter ein. Dabei gibt es bei besonders engen oder ungerecht empfundenen Spielverläufen auf manchen Plätzen keine Hemmschwelle mehr. Dies umso mehr, wenn der Trainer oder ein Vater der gegnerischen Mannschaft das Spiel pfeifen muss, da sich kein anderer Schiedsrichter finden ließ. Jede Entscheidung wird als bewusstes Manipulieren des Spiels interpretiert (teilweise auch berechtigt) und entsprechend lautstark kommentiert. Wir Spieler spüren natürlich diese Missstimmung und nicht selten lassen sich einige Spieler hiervon anstecken. Eine übertriebene Härte auf dem Platz bringt den Platz dann zum Kochen. Dies verdirbt uns natürlich nicht nur den Spaß am Spiel sondern hierdurch werden auch junge Schiedsrichter vergrault. In einigen Bundesländern gibt es bereits eine Sperrzone (ca. 5 m vom Spielfeldrand) für Fußball-Eltern als Gegenmaßnahme.
Mindestens genauso schlimm finden wir die gut gemeinten Tipps der Eltern während des Spiels. Durch permanente Anweisungen versuchen sie uns zu unterstützen und das Maximale aus uns herauszuholen. Und kaum ist Pause oder Schluss kommt die gnadenlose Fehler-Analyse auf uns zu, ob wir diese nun hören wollen oder nicht. Dies nervt tierisch und nimmt uns den letzten Spaß am Spiel.
Der Modellausschnitt oben zeigt sehr deutlich, dass gut gemeintes Einmischen der Eltern nicht nur den Kickern den Spaß am Fußball verdirbt sondern auch die Weiterentwicklung der Spieler hinsichtlich Spielverständnis und Taktik ausbremst. Wer ständig gesagt bekommt, wohin er den Ball schlagen sollen, verliert die Fähigkeit, die Spielsituation selbst zu erfassen und anschließend die richtige Schlüsse daraus zu ziehen.
Unsere Empfehlung: Lasst Eure Eltern während des Spiels mal unbemerkt filmen und zeigt ihnen das Video vor versammelter Mannschaft. Und fragt dann mal ganz offen, in welcher Spielklasse Eure Väter früher gespielt haben. Nie vergessen werden wir die Situation, als unsere damalige Trainerin einen Vater darum gebeten hatte, ein Freundschaftsspiel zu pfeifen. In dieser Situation musste er vor versammelter Mannschaft zugeben, die Spielregeln nicht wirklich zu kennen. Seitdem war Ruhe angesagt.
Die Erkenntis-Matrix oben zeigt deutlich auf, dass überehrgeizige Eltern an der Seitenlinie mehr als schaden. Ebenso kurzfristig-denkende Trainer, die über „taktische Ansagen/Vorgaben“ auf Kick-and-Rusch setzen, um den Sieg „auf Teufel komm raus“ noch zu erreichen. So werden nur lange Bälle nach vorne geschlagen in der Hoffnung, dass sich ein schneller Stürmer durchsetzen kann, und sogar An-, Ab- und Freistöße bei günstigen Windverhältnissen (Rückenwind) immer direkt auf das gegnerische Tor geschlagen in der Hoffnung, dass der Ball irgendwie den Weg ins Tor finden wird. Diese „Eigen-Kapitulation“ vor der eigenen Spielstärke (bzw. –schwäche) führt dazu, dass sich die noch nicht ausgeprägte Spielkultur noch weiter verschlechtert. Es entsteht ein sich selbstverstärkender Teufelskreis: eine nicht ausreichende Spielkultur führt dazu, dass gebolzt wird. Ein Bolzen verhindert die Entwicklung einer eigenen Spielkultur und führt dazu, dass zukünftig noch mehr gebolzt wird etc.
Nur wenige Mannschaften in unserem Umfeld setzen auf Spielkultur. Viele beherrschen noch nicht das Spielverständnis, das Kurz- und Direktpass-Spiel. Angriffe werden meistens nicht herausgespielt, sondern entstehen eher zufällig. Lautstark angetrieben von dem eigenen Trainer fangen die Spieler an zu bolzen, schlagen den Ball blind nach vorne in der Hoffnung, dass ihr bester Spieler als Stürmer den Ball erhält und dann sofort aufs Tor dreschen kann. Diese Kick-and-Rush-Philosophie ist leider noch sehr verbreitet. Und so mancher Glückstreffer bestärkt die „Taktik“ des Gegners und von nun an stellen sich alle Spieler hinten rein und hoffen, dass der Torhüter einen langen Abschlag oder ein Verteidiger einen langen Ball nach vorne schlagen kann. (Eine Mannschaft hat es sogar fertig bekommen, alle An- und Abstöße von der Mittellinie direkt aufs Tor zu schlagen. Eine beispiellose Kapitulation vor der eigenen „Spielstärke“!)
Diese Situation ist natürlich doppelt schlecht. Zum einen erlernen unsere Gegner selbst in den goldenen Lehrjahren keine Spielkultur, entwickeln sich nicht weiter und werden dafür über kurz oder lang ihre Quittung erhalten. Andererseits benötigen wir natürlich auch von der Spielkultur her gleichwertige Gegner, um uns selbst weiterentwickeln zu können.
Zu viele Dribblings sollte ebenfalls vermieden werden, da dies dem Spielfluss und der Spielkultur schadet. „Wer zu viel fummelt, wird ausgewechselt“ – hieß bei uns in der F-Jugend schon die Devise.
Unsere Empfehlung: Hört auf zu bolzen und zu fummeln und versucht den Ball von hinten heraus sauber zu spielen. Und seid standhaft, auch wenn die Umstellung Euch am Anfang viele hohe Niederlagen kosten wird. Der Weg ist das Ziel und nicht der kurzfristige Erfolg!
Wie der Abbildung oben zu entnehmen ist, führt daher nur eine gewisse Spielkultur mittel- und langfristig zu den erhofften Erfolgen. Wer dies nicht frühzeitig gefördert und stattdessen auf Kick-and-Rush gesetzt hat, wird nur kurzfristig den einen oder anderen (zufälligen) Erfolg verbuchen können.
„Fehler machen“ ist gut!
Hierzu passt auch gleich das nächste Thema „Fehlerkultur“. Wir haben uns anfänglich viele dumme Treffer eingefangen durch unsaubere Zuspiele (z.B. in der Abwehr oder im Spielaufbau). Dies hat uns wichtige Punkte und vielleicht sogar eine Meisterschaft gekostet. Unser Trainer ist jedoch standhaft geblieben und hat uns darin bestärkt auch weiterhin den Ball von hinten sauber herauszuspielen. Ein langer Abschlag von unserem Keeper fand fast nie statt. Es mussten sich immer Mitspieler anbieten und den Ball dann sauber weiter nach vorne spielen. Und wenn uns Fehler unterliefen, wurden wir nicht kritisiert sondern ermuntert es weiterhin zu probieren. Obwohl dies den Eltern manchmal sehr schwer fiel, gerade dann, wenn es darum ging, eine knappe Führung über die letzten Minuten zu bringen.
Dies ist sicherlich der Schlüssel zum Erfolg. Wenn wir das, was wir im Training erlernen, nicht im Spiel erproben dürften, wann bitte dann? Dazu gehören riskante Pässe in die Tiefe und auch mal der eine oder andere Trick.
Diese Fehlerkultur müssen auch die Eltern mittragen und sich mit ungewünschten Kommentaren bei Fehlschlägen zurückhalten und stattdessen ermutigend wirken.
Unsere Empfehlung: Habt den Mut, Fehler zu machen. Aus diesen werdet ihr lernen und sie werden Euch somit weiterbringen.
Starke Psyche – Niederlagen gehören dazu!
Ängste spielen auch im Jugend-Fußball schon eine Rolle. Dies gilt umso für eine Mannschaft, die aus einem komplett jungen Jahrgang besteht und sich im ersten Jahr der D-Jugendzeit überwiegend gegen ältere Jahrgänge, die in der derselben Liga spielen, behaupten müssen. Wir Spieler sind dann nicht nur körperlich unterlegen, sondern wir verfügen zudem auch noch über weniger Erfahrungen. Die Liga ist für uns noch neu, wir wissen nicht, was auf uns zukommt und können die Stärke der Gegner überhaupt nicht einschätzen. Wir sehen lediglich, dass die Gegner mindestens einen Kopf größer sind, über mehr Schusskraft und ein starkes Selbstbewusstsein verfügen. Häufig sehen wir uns dann sofort in der Außenseiterrolle (obwohl wir fußballerisch sogar überlegen sind), reden den Gegner stark und uns schwach. Dieses Verhaltensmuster tritt auch bei Spielen gegen Mannschaften, die in höheren Ligen spielen, auf – mit dem Resultat, dass wir schwer ins Spiel finden und nicht unseren gewohnten Spielfluss entfalten konnten.
Ein weiteres Phänomen konnten wir in sogenannten „Endspielen“ beobachten, in denen wir häufig nicht unsere gewohnte Leistung abrufen und dadurch nicht gewinnen konnten. Aus irgendeinem Grund trafen wir das Tor nicht mehr und auch die Pässe kamen nicht mehr an. So war es z.B. in der letzten Saison als wir im letzten Spiel noch die Meisterschaft verspielten, da wir bei einem mittelstarken Gegner, nicht über ein 1:1 hinaus kamen. Ein Sieg hätte die Meisterschaft bedeutet. Eine ähnliche Situation ereignete sich in der Aufstiegsrunde zur Verbandsliga (höchste Spielklasse der D-Jugend). Wir fanden überhaupt nicht ins Spiel, glaubten nicht an uns und ergaben uns fast kampflos unserem Schicksal – selbst gegen Gegner, die wir hätten schlagen können.
Hier sind Trainer und Eltern gefordert, den Jungs den (Erfolgs-)Druck zu nehmen. Zudem sollten sie helfen, die richtige Einstellung zum Spiel zu finden und an sich zu glauben.
Nichtsdestotrotz gehören schmerzhafte Niederlagen bzw. gefühlte „Misserfolge“ (z.B. verpasste Meisterschaft oder Qualifikation) dazu. Aus ihnen können die Kicker sehr wichtige Erfahrungen sammeln und sich weiterentwickeln. Aus ihnen schöpf man zudem die benötigte Motivation, es beim nächsten Mal noch besser machen zu wollen. Wer ständig nur Erfolg hat, verliert die notwendige Bodenhaftung, wird arrogant und überheblich, und verliert den Drang nach ständiger Weiterentwicklung, da man sich ja eh schon für den Besten hält. Andererseits sollte eine Überforderung der Kicker vermieden werden. Wer aus falschem Ehrgeiz in zu hohen Spielklassen spielt und dabei ständig auf die Mütze bekommt, demoralisiert die gesamte Truppe.
Unsere Empfehlungen: Baut keinen zu großen Erfolgsdruck auf und sucht nicht den kurzfristigen Erfolg. Eure Kicker müssen lernen, an sich zu glauben und mit Druck umzugeben. Hierfür müssen sie ihre eigenen Erfahrungen sammeln, in dem sie auch mal schmerzhafte Niederlagen hinnehmen müssen. Nach den Niederlagen sollten sie jedoch unterstützt und aufgebaut werden, um die richtigen Schlüsse aus den Niederlagen zu ziehen. Vorwürfe oder scharfe Kritik sind deshalb fehl am Platze. Zudem müssen die Kicker schnell weitere Chance bekommen, um es sich zu beweisen, dass sie es besser können. So nutzen wir z.B. die Gelegenheit, eine Mannschaft, die uns noch vor einigen Wochen in der Qualifikationsrunde zur Verbandsliga mit 5:0 geschlagen hatte, in einem Punktspiel mit 4:0 zu besiegen.
Darüber hinaus solltet ihr möglichst viele Freundschaftsspiele mit Mannschaften aus höheren Klassen durchführen und auch bei Möglichkeit namhafte Vereine herausfordern. Aus diesen Spielen ziehen Eure Kicker viel; zudem lernen sie die anderen Spieler persönlich kennen und verlieren somit die Berührungsängste und den Respekt.
Die Erkenntnis-Matrix bestätigt es: Es ist gut, ab und zu eine Niederlage zu erfahren, um daraus eigene Lehren, Schlüsse und Erkenntnisse zu ziehen. Natürlich leidet hierunter kurzfristig der Spaß, jedoch überwiegen mittelfristig die wichtigen Erfahrungen aus derartigen Spielen, die zu einem höheren Selbstvertrauen und zu einer höheren Motivation der Spieler führen können. Eine permanente Überforderung ist hingegen schlecht. Ständige Niederlagen demoralisieren das gesamte Team.
Trainer, (Verein und Eltern) – hiermit steht und fällt alles
Der Trainer ist das wichtigste Glied in der Kette. Dies zeigt auch unsere Erkenntnis-Matrix (siehe Abbildung 12). Um die o.g. Punkte gut umsetzen zu können, muss der Trainer fast schon ein Multi-Talent sein. Der Job ist nicht zu unterschätzen und erfordert viel Zeit, Engagement, Durchhaltevermögen, Begeisterung und Eigenmotivation – und dies auch noch ehrenamtlich! Als Trainer ist man gleichzeitig Manager, Trainer, Führungskraft, Kumpel & Vorbild. Er muss den Laden am Laufen halten, die Kicker motivieren, trainieren und aufbauen. Dies erfordert auch gewisse Menschenkenntnisse, Einfühlungsvermögen und Soft Skills. Und natürlich muss er auch sehr kompetent sein, sich ständig weiterbilden und noch dazu über fußballerische und motorische Fähigkeiten verfügen, um die Übungen den Spielern auch praktisch vermitteln können. Nur so erreicht er die Truppe und wird von dieser vollständig akzeptiert und „geliebt“.
Nun haben wir das Glück, einen derartigen Trainer gefunden zu haben, jedoch ist dies nicht überall der Fall. Oftmals finden sich nur Väter, die sich für das Ehrenamt zur Verfügung stellen, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht unbedingt gegeben sind. Hier ist der Verein gefordert, Unterstützung zu leisten. So könnte z.B. eine gezielte Weiterbildung angeboten bzw. bezahlt werden oder ein (semi-)professioneller Betreuer die Trainer vor Ort durch Rat & Tat unterstützen.
Der Trainer benötigt für seine Arbeit natürlich die vollständige Unterstützung des Vereins und der Eltern. Der Verein muss nicht nur optimale Trainingsbedingungen bereitstellen wie z.B. gute Trainingsplätze (optimal sind Kunstrasenplätze der neuesten Art) sowie Trainingsequipment wie z.B. Hüttchen, Stangen, Ringe, Hürden und Koordinationsleiter, sondern ist auch für die Mitglieder-Akquise zuständig und muss zudem auch die Voraussetzungen für eine durchgängig gute Jugendarbeit schaffen. Es nützt nichts, lediglich 1 (!) gutes Jugend-Team zu haben. Dieses Team muss die Möglichkeit haben, auch nach der D-Jugend (ab der C-Jugend übernimmt das Team die Klasse der Vorjahres-Mannschaft) in höheren Klassen spielen zu können. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur dann, wenn möglichst die C-, B- und A-Jugend-Mannschaften des Vereins ebenfalls in höheren Klassen spielen. Sofern dies nicht gegeben ist, wird die Mannschaft nach der D-Jugend auseinander brechen.
Die Unterstützung der Eltern ist ebenfalls notwendig. Die Eltern müssen nicht nur das Gesamtkonzept und somit alle in diesem Paper genannten Punkte mittragen, sondern müssen den Trainer auch darin unterstützen, möglichst viele Trainingseinheiten und Spiele durchführen zu können. Dabei müssen auch längere Fahrten in Kauf genommen werden. Wenn Eltern darauf drängen, eine höhere Klasse nicht anzustreben, weil dadurch die Fahrtstrecken länger werden, ist dies nicht wirklich förderlich. Man nimmt den Kickern dadurch nicht nur die Belohnung der eigenen getanen „Arbeit“, sondern auch die Möglichkeit zur Weiterentwicklung.
Die Erkenntnis-Matrix zeigt: Der Trainerstab ist das wichtigste Glied in der Kette - gefolgt von der guten Jugendarbeit des Vereins. Sofern nur eine von den beiden Erfolgskomponenten fehlt, ist mittelfristig wenig zu holen. Da die derzeitige und zukünftige demografischen Entwicklung den Engpass an guten Spielern im Jugendbereich noch verschärfen wird, sollte in vielen Regionen über Kooperationen und Spielgemeinschaften nachgedacht werden.
Spaß & Eigenmotivation statt Leistungsdruck
Warum spielen wir überhaupt Fußball? Um Profi zu werden? Sicherlich nicht. Um unseren Eltern zu gefallen und das zu werden, was sie nicht geschafft haben? Hoffentlich nicht. Weil es sich unsere Eltern wünschen und sie uns antreiben? Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Nein, wir spielen Fußball, weil wir Spaß daran haben. Es geht den Profis übrigens auch nicht anders. Ein Profi spielt nur dann eine exzellente Saison, wenn er totalen Bock auf Fußball hat und Top motiviert ist. Zuckerbrot und Peitsche als Motivationsanreize von außen verpuffen recht schnell. Die Motivation muss von innen kommen.
Aber wie entsteht Eigen-Motivation? Reicht es aus, wenn man erfolgreich spielt, d.h. ständig um die Meisterschaft mitspielt und deshalb von anderen gelobt und anerkannt wird? Dies spielt sicherlich eine Rolle, aber nicht die entscheidende. Wir kennen einige Mannschaften, die versucht haben, möglichst alle Talente aus der Region zusammenzuziehen. Um dies zu erreichen, wurden auch Spielgemeinschaften gegründet. Dies ist grundsätzlich nicht schlecht, um eine kritische Masse an (guten) Spielern zu erhalten (siehe oben). Jedoch wird das Ganze dann kritisch, wenn hierdurch plötzlich 4-6 D-Jugend-Mannschaften in einem Verein entstehen und die Zusammenstellung der Mannschaften immer wieder neu erfolgt. So mussten wir z.B. erleben, dass ein Trainer einer gegnerischen Mannschaft die Namen seiner eigenen Spieler überhaupt nicht kannte, weil zu viel zwischen den Mannschaften vereinsintern hin und her getauscht wurde. Dies ist natürlich gefährlich. Die Spieler verlieren dann die Bindung zu einer Mannschaft, fühlen sich nicht geborgen und integriert. Der fehlende Zusammenhalt innerhalb der Truppe ist dann ausschlaggebend dafür, dass einige Spieler die Lust, den Spaß und letztlich die Motivation verlieren.
Wie die Erkenntnis-Matrix unseres Modells daher zeigt (siehe oben), sind „Spaß“ und das „Wir-Gefühl“ mindestens genauso wichtig wie der reine „Erfolg“. Um ein „Wir-Gefühl“ aufzubauen, ist ein guter Trainer notwendig. Er muss darauf achten, dass alle Spieler sich gegenseitig mit Respekt behandeln. Zudem muss es gerecht zu gehen, d.h. alle Spieler müssen u.a. gleichbehandelt werden (dies ist dann schwierig, wenn der Trainer auch gleichzeitig Vater eines Spielers ist), gleich viele Einsatzzeiten erhalten (nicht nur die Besten spielen lassen, sonst können sich die anderen Spieler nicht genug weiterentwickeln) und gleich viel Anerkennung erfahren. Zudem verstärken gemeinsame Aktivitäten außerhalb des Fußballplatzes die Gemeinschaft.
Und was sind die Motivations- und Spaßkiller? Natürlich ein übertriebener Erfolgsdruck und Ehrgeiz durch Trainer und Eltern. Aber auch Spieler und Eltern, die die o.g. Spielregeln nicht beachten und einfach nicht in die Gemeinschaft passen. Wenn z.B. ein Vater sich ständig in den Vordergrund spielt und dabei sein Kind permanent öffentlich lobt und andere scharf kritisiert, wird dies mittel- und langfristig die Gemeinschaft zerstören. Gleiches gilt für Spieler, die sich für besser halten, daher alles alleine machen und zudem noch die Mitspieler auf dem Platz anranzen, wenn mal etwas nicht funktionieren sollte. Wir haben erlebt, wie ein gegnerischer Spieler von einem Schiedsrichter mehrfach ermahnt und beinahe vom Platz gestellt wurde, weil er seine eigenen (!) Mitspieler permanent angepflaumt hatte. Dies ist sehr gefährlich, nicht selten brechen Mannschaften auseinander, wenn derartige Quertreiber nicht zu bändigen sind. Sie können noch so gut sein und schaden dennoch der gesamten Mannschaft und sollten daher zur Vernunft gebracht oder andernfalls aus dem Team genommen werden.
Empfehlung: Achtet darauf, dass das gesamte Team vom Charakter her zueinander passt und fördert die Gemeinschaft und baut nicht zu viel Erfolgsdruck auf, sondern achtet eher darauf, dass alle Spieler Spaß haben, sich wohl fühlen und vor lauter positiver Eigen-Motivation brennen.
Die ständige Herausforderung & Weiterentwicklung suchen
Um sich als Talent weiterzuentwickeln, benötigt man die ständige Herausforderung, sonst verliert man das Interesse und den Spaß am Fußball. Dies gilt nicht nur für die Spiele am Wochenende sondern insbesondere auch für das Training unter der Woche in der Vereinsmannschaft, da dies häufiger in der Woche stattfindet und somit den größten Einfluss auf die Entwicklung der Kicker nimmt. Ein Talent darf daher nicht die herausragende Ausnahmeerscheinung in der Vereinsmannschaft sein, sondern muss umgeben sein von mindestens gleichwertigen Spielern. Nur dann muss es im Training auch an die eigene Leistungsgrenze gehen und sich ständig weiterentwickeln.
Wie wir erfahren durften, müssen Talente in manchen Vereinen bei den älteren Mannschaften mittrainieren, um sich entscheidend weiterzuentwickeln. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn es sich um professionellen Leistungssport handelt. Ansonsten leiden jedoch der Teamgeist und das Wir-Gefühl der betroffenen Mannschaften unter diesen Maßnahmen.
Selbstverständlich müssen die Talente jedoch auch in den Spielen richtig gefordert werden (Unter- und Überforderung schadet, da der Spieler die Lust am Sport verliert). Die Teilnahme an höheren Spielklassen ist daher mittelfristig Pflicht.
Hier ist der Verein gefordert, dies durch eine gezielte Jugendarbeit sicherzustellen. Sofern dies der Verein nicht leisten kann, sollte über Kooperationen mit Vereinen, die über eine gute Jugendarbeit verfügen, und Fußballförderzentren nachgedacht werden. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf die demografische Entwicklung in der Bevölkerung und der zunehmend geringer werdenden Zahl an Jugend-Kickern in der Region (siehe Abbildung 12).
Empfehlung: Setzt auf eine langfristige Jugendarbeit im Verein und springt kurz- und mittelfristig über Euren eigenen Schatten, in dem ihr die Kooperation mit anderen ambitionierten Vereinen sucht. Achtet dabei jedoch darauf, dass die Gemeinschaft und das Wir-Gefühl innerhalb der Mannschaften erhalten bleiben. Denn ansonsten verliert ihr durch die Kooperation mehr Spieler als dazugewonnen werden konnten.
Wir hoffen, dass wir mit dem Modell einige Anregungen geben konnten und würden gerne mit Euch über das Modell diskutieren und dies weiterentwickeln. Welche Punkte fehlen? Welche Punkte seht Ihr anders? Wir sind gespannt auf Euer Feedback.
Uns würde es sehr freuen, wenn der Spaß wieder auf den Fußballplätzen überwiegen wird.
In diesem Sinne wünschen wir Euch viel Spaß an der Seitenlinie und auf den Fußballplätzen.
Eure
Jugend-Kicker