Postwachstumsökonomie (Soll)
Kai Neumann (#1) has provided a description of the model with the iMODELER Presenter.
Description
Boris Woynowski und eine Reihe weiterer Herausgeber haben eine hervorragende Textsammlung zum Thema Postwachstumsökonomie herausgegeben, mit Autoren wie Niko Paech, Hans Christoph Binswanger, Ernst Ulrich von Weizäcker u.v.m.. Die Textsammlung ist online kostenlos erhältlich unter: http://www.ife.uni-freiburg.de/wachstumswende/woynowski-boris-et-al.-2012-wirtschaft-ohne-wachstum-notwendigkeit-und-ansatze-einer-wachstumswende.pdf/view Hier nun ganz kurz zu den wichtigsten Thesen der Autoren - aus Zeitgründen nicht weiter differenziert und referenziert - zwei Mini-Modelle (dieses und https://www.imodeler.info/ro?key=A0CBohYASjTxPaWMySIUcEw ) und ein paar Anmerkungen, die sich auch aus den unterschiedlichen anderen Modellen ("Kais Weltmodell", Modelle für das Umweltbundesamt etc.) und der KNOW-WHY-Denkweise ergeben: Ein irgendwie gearteter Ökosozialismus, der Geld quasi abschafft und nur noch die Zufriedenheit der Menschen fokussiert, wäre ja wünschenswert, aber leider ohne utopischen Neubeginn einer Gesellschaft, etwa auf anderem Planeten oder nach existentieller Katastrophe nicht realistisch. Die Mächtigen und Habenden der Welt haben zu viele Hebel (Medien, Politiker, Unternehmen, Produktionsmittel, Schuldtitel etc.) in der Hand, um das zu verhindern. Ganz vielleicht könnte der Wertewandel durch Bewertung von Verhalten zu einem sukzessiven Systemwechsel ggf. zusammen mit realen Finanz- und Ressourcen-Katastrophen führen. Das wäre dann aber ein Ergebnis einer langen Entwicklung, kein Ziel, das irgendwer ausrufen kann. Also zu viel Weiterentwicklung ohne Integration der Mächtigen. Eine Abschaffung des Zins erscheint mir ebenso unrealistisch, da Geld selbst als Möglichkeit für eine Produktivitätssteigerung bzw. eine Investition in Innovation schlicht nicht mehr ausreichend zur Investition zur Verfügung gestellt würde, und ohne Vorsprung vor internationaler Konkurrenz hätten wir international kein Geld (Außenhandelsbilanz) für den Import weiterhin benötigter Ressourcen. Stattdessen würde viele produktive Player ihr Geld zu Besitz von etwas verwenden, es aber nicht anreizlos (Teilhabe an Unternehmen ist so gesehen wieder ein Zins) anderen für deren Produktivitätssteigerung und für alle notwendige Innovationen zur Verfügung stellen. Wohl aber sollte der Zins begrenzt werden und kreative Finanzmarktprodukte, die kaum noch Bezug zur Realwirtschaft haben, könnten (international) abgeschafft werden. Zinsen abzuschaffen wäre also zu wenig Weiterentwicklungsmöglichkeit für die (derzeitigen) “Leistungsträger”. Eine Begrenzung der Geldschöpfung. Aufpassen, was wir damit bezwecken wollen: Ungleichheit begrenzen oder verhindern - ja gern, ist aber de facto schon zu spät. Vollgeld, das zu 100% von den Banken auch vorrätig sein muss - prima, aber das Mehr an Geld hat auch für mehr Wohlstand gesorgt und wäre schwer zurückzufahren. Geldschöpfung durch den Staat und Vergabe von Krediten ohne Zins - tolle Idee, außer dass die bereits Habenden dann auch zu zocken beginnen, wenn die Kredite nicht an die Bedürftigkeit gekoppelt werden. Geldschöpfung müsste durch den Staat und in Anlehnung an die Produktivitätssteigerung integriert sein - jetzt durch die de facto privaten Notenbanken kombiniert mit Giralgeldschöpfung ist sie zu viel Weiterentwicklung. Das Weniger an Wachstum und Konsum, das einigen Autoren für uns vorschwebt, ist in meinen Augen nicht zu Ende gedacht: der Spaten aus dem Baumarkt für die viele Heimarbeit wird dann nicht mehr so preiswert sein. Und wenn wir die einfachen Tätigkeiten plötzlich komplett selbst machen, wo bleiben dann die Arbeitskräfte für solch einfache Tätigkeiten? Gibt es irgendwelche armen Gesellschaften, die ja weniger haben und trotzdem auf hohem Niveau leben? Kuba? Woher kommt die Wirtschaftskraft für notwendige Importe? Welches Ausland sollte an dem selbstgedruckten Geld Interesse haben, es als Zahlungsmittel akzeptieren bzw. wie sollte dessen Wert zustande kommen? Wir arbeiten nur noch für das, was wir wirklich brauchen, und das ist arbeitsintensiver, wenn es nachhaltig sein soll (langlebiger, recyclebar, zerlegbar ...)? Wenn das funktionieren soll, muss der Staat (unrealistisch) durchgreifen oder die Bevölkerung durch einen Wertewandel dies nachfragen (machbar erst durch das spezielle Bewertungssystem)! Also wünschenswerte Weiterentwicklung, aber derzeit keine Integration durch Bürger, Weltmarkt und Wirtschaft. Tauschringe und lokale Währungen? Zugegeben habe ich nicht verstanden, welchen Vorteil diese haben sollen, außer dass ggf. eine Wertberichtigung einiger Tätigkeiten erfolgt, also der IT-Experte für das Reparieren eines Laptops nicht mehr ein Vielfaches dessen pro eingesetzter Zeit verdient, wie ein Gärtner. Gestärkt würde sicherlich auch das Gemeinwesen. Was brauchen wir tatsächlich: Eine Begrenzung von Reichtum und Ungerechtigkeit, gekoppelt an die Produktivität, denn eine fairere Gesellschaft wird sich auch weniger über den Konsum definieren müssen - von sozialen Spannungspotentialen gar nicht gesprochen. Eine Begrenzung von Finanzmärkten und Zinsen, letztlich auch für mehr Gerechtigkeit, wenn ein nicht mehr so hoher Anteil der Wertschöpfung der Masse der Bevölkerung als Zinsen (die tatsächlich schon in jedem Produkt stecken) an die Reichen geht. Kreative Finanzmarktprodukte ziehen Geld aus der Realwirtschaft ab. Eine solche Begrenzung wird international nur im Zuge von Finanzkatastrophen (da haben wir gerade eine große Möglichkeit verpasst) möglich sein - sonst eben im nationalen Alleingang, der dann durch eine Transparenz in der Bevölkerung gewollt sein muss, so dass etwaige Kapitalflucht ins Ausland auch gleich geächtet wird. Eine leider erst langfristige Begrenzung von Wachstum hin zu mehr Freizeit. Viele technologische Entwicklungen hängen allerdings vom Wachstum ab. Wohl aber wären eine Umgestaltung von Lebensarbeitszeit und eine Aufwertung der Nicht-Erwerbsarbeit schon heute absolut sinnvoll. In dem Zuge könnte dann auch eine faire Lösung für ein bedingungsloses Grundeinkommen geschaffen werden. Wie schon angesprochen muss entweder über den Staat oder durch das Bewertungssystem und die Nachfrage vom Bürger ein konsequentes Primat der Nachhaltigkeit durchgesetzt werden, also Vermeidung von Senken, Internalisierung aller Kosten usw.. Suffizienz ergibt sich dann. Ich teile also nicht unbedingt die Notwendigkeit Wachstum zu bremsen. Es muss nur das richtige Wachstum sein - was das freie Spiel der Kräfte nicht hervorbringen wird. Wachstum lässt sich meines Erachtens (derzeit, demokratisch) nicht per Maßnahme bremsen, sondern nur indirekt über den Wertewandel über die Bewertung. Wohl aber wird Wachstum in Kürze systembedingt jäh bremsen, wenn die Explosion der Rohstoffpreise zu Kettenreaktionen und zum Zusammenbruch der Finanzmärkte führen werden. Erst dann sehe ich eine Chance für einen Neuanfang und eine Verstaatlichung der Notenbanken. Allerdings brauchen wir auch die Finanzkraft zur Entwicklung der notwendigen Schlüsseltechnologien, sowohl als Bürger, als auch als Staat. Wie schon angesprochen brauchen wir die Bewertung von Verhalten und von Haben - letzteres für den Fortschritt, ersteres für ein Schrumpfen vom Ressourcenverbrauch und vor dem Hintergrund, dass sich die Habenden kaum enteignen lassen werden. Ein solches System sollte also ständig an den Fortschritt angepasst (vergl. japanisches Top-Runner-System) Produkte hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit bewerten, sollte aber auch die Summe des Konsums und Verhaltens (Reisen, Umgang mit Wasser, Entstehung von Hausmüll, etc.) von den einzelnen Bürgern bewerten (Verhindert dann den Rebound). Um das zu schaffen, muss viererlei beachtet werden: das System darf in seiner Bewertung nicht diskreditiert werden (Lobbyisten werden das schnell versuchen), es muss ein marktführendes, allen bekanntes System sein (staatlich, z.B. Blauer Engel, von Medienseite, z.B. ÖkoTest, oder sogar von sozialen Netzwerken, z.B. Facebook), es muss die Möglichkeit geben, auch ohne Erfassung von Einzeltätigkeiten sich und andere zu bewerten, etwa über Profile, und schließlich muss die Erfassung Spaß machen, etwa über Apps und Barcodes, über Rankings im Internet, über das richtige Wording u.v.m.. Viele Fragen bleiben, etwa die nach der konkreten Transition, national oder irgendwie geartet international. Was immer wir da als Forscher und Denker entwickeln, müssen wir die konkreten, teilweise seltsam gestrickten Menschen vor Augen haben, nicht nur uns selbst mit überdurchschnittlichem Einkommen und reichlich materiellem Überfluss! Manch Postwachstums-Vision zeigt die Familie mit mehr Freizeit am Strand mit Surfbrettern. Schon heute sind billig produzierte, nicht-nachhaltige Surfbretter ein Luxusartikel und zum Strand mit Surfbrett und allem anderen Spielzeug auf den Abbildungen kommt man an den meisten Stellen nicht mit der Bahn. Die Realität sehen wir bei der Bahnfahrt, wenn diese durch die Vorstädte mit riesigen Wohnblöcken führt, in denen lauter fleißige Ameisen wohnen, die für die Königinnen preiswert arbeiten und das verdiente Geld auch gleich wieder verkonsumieren. Diese brauchen Behausung, Kleidung, Mobilität, Gadgets, medizinische Versorgung, Nahrung und Freizeitangebote. Was da an Konsum weggelassen werden kann, ist wenig. Was Nachhaltigkeit mehr kosten würde, ist viel. Weniger arbeiten scheint dort ohne besagtes (bedingungsloses) Grundeinkommen völliger Unsinn, und 500 Menschen aus einem Wohnhaus werden kaum von einem Garten auf ihrem Dach satt. Dass wir irgendwann eine höhere Bewusstheitsstufe erreichen werden und weniger arbeiten müssen, schließe ich ebenfalls nicht aus - das erwähnte Bewertungssystem könnte sogar erstaunlich wirkungsvoll hierzu führen, wie natürlich auch die Verbreitung von der KNOW-WHY-Denkweise und der Suche aller Individuen nach nachhaltiger Integration und Weiterentwicklung.
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